Das Mikrobiom Darmgesundheit bei Babys

Wie es sich zusammen setzt und was es im Körper bewirkt

Vom Baby bis zum Senior: Das Darmmikrobiom ist ein Wunderwerk in unserer Körpermitte

Gutes oder schlechtes Bauchgefühl, aus dem Bauch heraus, etwas schlägt uns auf den Magen – nur ein paar der Redewendungen, die verdeutlichen wie wichtig unsere Körpermitte – und damit unsere Verdauung – für unsere gesamte Balance ist. Das liegt unter anderem daran, dass unser Darm eben noch sehr viel mehr kann, als Nahrung zu verwerten: Er schützt uns gegen Viren, schädliche Bakterien und Giftstoffe. 80% aller Immunzellen befinden sich im Verdauungstrakt.

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Was genau ist eigentlich das Mikrobiom?

Wann immer von den lebensnotwendigen Fähigkeiten des Darms die Rede ist, sind eigentlich seine sämtlichen Bewohner mitgemeint: Eine gigantische Wohngemeinschaft aus Viren und Pilze, aber vor allem Bakterien, die dabei hilft, das Darmmilieu zu regulieren. All diese Mikroorganismen bilden das sogenannte Mikrobiom. Ob Babys, Teenager oder Senioren: Die Zusammensetzung des Mikrobiom ist von hohem Wert für unsere Gesundheit und unser gesamtes Wohlbefinden.

Circa 100 Billionen Mikroorganismen besiedeln unseren Verdauungstrakt – kein Zweifel, es steckt Leben in uns. Das heißt folgerichtig, das Mikrobiom gibt es eigentlich gar nicht, die Bezeichnung steht für diese Gesamtheit an Lebewesen. Ob zu Beginn der Bakterien-Besiedelung bei Babys oder im besten Alter: Das menschliche Mikrobiom ist in jedem von uns einzigartig, keins gleicht dem anderen – praktisch ein Fingerabdruck unseres Innenlebens.

Mikrobiom oder Darmflora?

Was lebt im Darm?

Die Bezeichnungen Mikrobiom und Darmflora meinen tatsächlich genau dasselbe. Im Unterschied zu Mikrobiom ist der Begriff Darmflora sehr geläufig und vermutlich haben auch die meisten Menschen eine recht gute Vorstellung, was damit gemeint ist. Allerdings ist Mikrobiom die mittlerweile gängige Sprachregelung: Darmflora ist nicht nur veraltet, der Begriff ist auch ungenauer: Alle Mikroorganismen wurden früher zu den Pflanzen gezählt, daher „Flora“. Heutzutage unterscheidet man Bakterien von Viren und Pilzen und zählt sie zu einer anderen sogenannten Domäne. Alle im Dünn- und Dickdarm angesiedelten Lebewesen zusammen werden unter der Bezeichnung Darmmikrobiom zusammengefasst.

In den ersten Lebensjahren entwickelt sich die Darmflora intensiv – denn Babys müssen ihr Mikrobiom erst noch ausbilden. Im Erwachsenenalter bleibt das sensible Ökosystem dann relativ stabil, insofern die individuellen Lebensbedingungen und Gewohnheiten ungefähr konstant bleiben.

Bakterien, Prä-, Probiotika – welche Mitbewohner tun dem Darmmikrobiom gut

Wie gut die Gemeinschaft der Mikroorganismen uns unterstützen kann, hängt von deren Zusammensetzung ab – also dem Zusammenspiel der verschiedenen Bakterienarten. Eine günstige und vielfältige Zusammensetzung des Mikrobioms ist für viele Aspekte wesentlich, schon um unangenehme Blähungen bei Babys und Erwachsenen zu vermeiden.

Bakterien durchlaufen verschiedene Lebenszyklen – wie wohl sich die Mikroorganismen im Darm fühlen, hängt von vielen Faktoren ab, wie ihrer Zusammensetzung und Umgebung. Die positivste Rolle für unsere Gesundheit spielen Milchsäurebakterien, vor allem die sogenannten Laktobazillen, und Bifidobakterien. Beide Bakterien-Arten tragen zu unserer Immunabwehr bei und sind an vielen weiteren wichtigen körperlichen Abläufen beteiligt.

Sowohl Laktobazillen als auch Bifidobakterien sind sogenannte Probiotika. Sie werden im Darm gebildet, können aber auch über Nahrung zugeführt werden, etwa durch fermentierte Lebensmittel, Hefekulturen und Nahrungsergänzungsmittel.

Wichtig für die Ernährung dieser „guten“ Darmbakterien: Galaktooligosaccharide – Mehrfachzucker, die zu den Präbiotika zählen. Solche Mehrfachzucker können nicht verstoffwechselt werden. Daher gelangen sie fast unverändert in das Darmmikrobiom und können so als Nahrung dazu beitragen.

Frau legt Hand auf den Bauch eines Babys

Welche Darmbakterien machen was im Baby-Darm?

Erfahren Sie mehr über Prä- und Probiotika und ihre Rolle im Mikrobiom ab Baby-Alter: 

Das Mikrobiom im Baby-Darm

Zwar kommen Babys mit einem funktionierenden Verdauungssystem zur Welt, ihr Mikrobiom müssen sie aber erst noch bilden. Denn bei Geburt ist der Darm weitgehend steril, die Mitbewohner beginnen erst damit, sich anzusiedeln. Bis sich das kindliche Mikrobiom vollständig entwickelt hat, braucht es circa drei Jahre – diese Ausbildung des Mikrobiom hat dann auch wesentliche Folgen für die langfristige Gesundheit des Kindes.

Mikrobiom-Entwicklung und Geburt

Die Faktoren, die zu der Entwicklung der Darmflora beitragen, sind vielschichtig und ändern sich mit den Wachstums- und Entwicklungsphasen des Kindes. Schon die Geburt spielt eine Rolle, wenn auch keine so große wie bis vor kurzem gedacht: Eine neuere Studie* stellte fest, dass Babys, die per Kaiserschnitt zur Welt kommen, durchaus die notwendigen Mikroorganismen der Mutter für ihr Mikrobiom bekommen – anders als bisher angenommen wurde. Die Rolle von Hautkontakt und vor allem von Muttermilch rückt damit noch stärker in den Vordergrund. Dass beim Stillen wertvolle Mikroorganismen weitergegeben werden, ist bekannt: Muttermilch enthält wertvolle Probiotika wie Bifidobakterien und Laktobazillen, ebenso wie deren Lieblingsnahrung Galaktooligosaccharide, die zu den Präbiotika zählen.

Darstellung Darmflora

Wie verläuft der Mikrobiom-Aufbau bei Babys und Kleinkindern

Das Mikrobiom, oder auch Darmflora, eines Babys muss sich nach der Geburt erst entwickeln. Was dabei wichtig ist und welche Phasen es gibt.

Was sind die Aufgaben des Mikrobioms im Darm?

Der Darm mit seiner Unzahl an Bewohnern ist ein echter Tausendsassa. Seine Rolle für die menschliche Gesundheit ist nicht zu unterschätzen – und das betrifft weit mehr als die Verdauung. Schon seine Größe ist nicht zu vernachlässigen: circa sieben Meter misst der Darm bei Erwachsenen und bei neugeborenen Babys ist die spätere Heimstätte des Mikrobioms immerhin stolze 30 cm lang. Neben Verdauung und der ebenfalls extrem wichtigen Funktion der Immunabwehr kommen immer mehr Nebenjobs ans Tageslicht: Die sogenannte Darm-Hirnachse, Hormone werden gebildet – auch die Psyche scheint in nicht geringem Maß durch Vorgänge innerhalb des Darms beeinflussbar.

Unermüdlicher Energielieferant

Die Hauptaufgabe des Darms ist keine kleine: Der menschliche Verdauungstrakt hat jeden Tag aufs Neue gut zu tun – ungefähr drei Kilogramm Essen und Trinken sind zu bearbeiten, um uns Erwachsene ausreichend mit Energie zu versorgen. Vitamine und Nährstoffe werden aus der Nahrung herausgefiltert, Giftstoffe nach Möglichkeit neutralisiert.

Insbesondere im Dickdarm tun die Darmbakterien ihre Arbeit: Nahrungsreste werden dort abgebaut, kurzkettige Fettsäuren, sowie wertvolle Vitamine, vor allem B-Vitamine und Vitamin K, werden hergestellt.

Schutzschild und Immunsystem

Darmbakterien leisten einen wertvollen Beitrag für die Immunabwehr. Sie helfen Krankheitserreger abzuwehren, antimikrobielle Stoffe werden produziert, die Entwicklung von schädlichen Mikroorganismen gehemmt oder verhindert. Die „Erfahrungen“, die der Darm mit unerwünschten Eindringlingen sammelt, sind auch eine Art Trainingszentrum für unser Immunsystem. Kein Wunder befinden sich ca. 80% unserer Immunzellen im Darm.

Schaltzentrale rund um Gesundheit und Stoffwechsel

Die Auswirkung der unermüdlichen Darm-Arbeit geht weit über die Verdauung hinaus. Die kurzkettigen Fettsäuren, die im Darm aus Ballaststoffen gebildet werden, sind auch positive Mitspieler bei Stoffwechselprozessen, wie dem Fettstoffwechsel oder dem Kohlenhydratstoffwechsel – damit spielen sie eine Rolle für unseren Blutzucker und unseren Appetit. Mittlerweile wird das Mikrobiom mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht und erforscht. Naheliegend sind beispielsweise chronisch entzündliche Darmerkrankungen, aber auch Allergien, Adipositas, Diabetes oder Demenz scheinen stark durch Vorgänge im Darm beeinflusst zu werden.

Das Mikrobiom denkt mit: Die Darm-Hirn-Achse

Viele Menschen behaupten, ihre Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ zu treffen. Falsch liegen sie damit sicherlich nicht – oder höchstens, wenn sie annehmen, dass das ein Gegensatz dazu wäre, „den Kopf einzuschalten“. Nervenleitbahnen und der Vagusnerv sorgen für eine ständige Kommunikation zwischen Darm und Gehirn – die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Diese verantwortet einen engen Zusammenhang zwischen unserem körperlichen und unserem geistig-emotionalen Wohlfühlen. Bei dieser Standleitung sind auch die Mikroorganismen im Verdauungstrakt beteiligt, die unterschiedliche Botenstoffe für diesen Kommunikationsprozess herstellen.

Bauchwohl, alles wohl: Hormonbildung im Darm

Dass bei Babys Zufriedenheit, vielleicht auch Glücksgefühle, mehrheitlich mit dem Bauch zu tun haben, ist auch ohne Wissen über das Mikrobiom klar: Ist dein Baby satt, ist es in der Regel zufrieden, Baby-Blähungen lassen es mindestens unleidig werden und Hungergefühle können schon mal an schiere Verzweiflung grenzen. Aber was Darmprozesse auslösen, geht weit darüber hinaus. Zwar klingt beispielsweise die Idee, Darmbakterien in Zusammenhang mit Depressionen zu untersuchen, zunächst, oder „aus dem Bauch heraus“ nicht unbedingt naheliegend. Mit dem Wissen über die Darm-Hirn-Achse und der Produktion von Botenstoffen im Darm, klingt diese Verbindung aber absolut beachtenswert. Beispielsweise sind die guten Darmbakterien an der Bildung des sogenannten Glückshormons Serotonin beteiligt, das zu 90% im Darm entsteht.

Superlative: Darmmikrobiom in Zahlen

  • Über 100 Billionen Mikroorganismen bilden das Darmmikrobiom
  • An einer Schnur aufgereiht, würden die Milchsäuren oder Bifidobakterien eines Darms 2,5-mal um die Erde reichen.
  • Unser Schutzschild: ca. 80% aller Abwehrreaktionen finden im Darm statt.
  • Einzigartig: Jedes Mikrobiom ist so individuell wie ein Fingerabdruck, es existiert nur einmal.
  • Genug zu tun: 3 Kilo Nahrung verwertet unser Darm und seine Bakterien durchschnittlich am Tag.
  • Durchschnittlich nimmt ein Mensch im Laufe seines Lebens 30 Tonnen Nahrungsmittel und 50.000 Liter Flüssigkeit zu sich.
  • 7 bis 8 Meter lang ist der Darm – damit würde er bei olympischen Weitsprung-Wettbewerben keine schlechte Figur machen.
  • Der Darm erstreckt sich über 400 qm – damit misst er so viel wie ein Basketballfeld.

Was du dem Mikrobiom Gutes tun kannst

Du hast einen gewissen Einfluss auf das Zuhause deiner Darm-Mitbewohner: Ernährungsgewohnheiten, Stresslevel und auch Medikamente beeinflussen die Lebensumgebung der Darmbakterien und deren Zusammensetzung. Generell gilt: Je vielfältiger das Mikrobiom desto besser – und darauf kann die Ernährung zumindest teilweise Einfluss nehmen.

Galaktooligosaccharide sind als Nahrung für Laktobazillen und Bifidobakterien nicht nur für Babys bei der Entwicklung des Mikrobioms wichtig: In jedem Lebensalter tragen Lebensmittel, die Galaktooligosacchariden enthalten, zu einer ausgeglichenen Darmflora bei. Empfehlenswert sind unter anderem fermentierte Milchprodukte wie Joghurt, Hülsenfrüchten wie Kichererbsen, Linsen, und grünen Erbsen und Bohnen oder auch Fenchel, Artischocken, Brokkoli und Rote Beete. Einen kleinen Ernährungs-Leitfaden mit dem schon viel getan ist, bilden schon diese drei Punkte: pflanzlich, ballaststoffreich und unverarbeitet.

Die Einnahme von Antibiotika wird in der Regel für Jung und Alt immer wieder mal notwendig und mitunter ist das auch bei neugeborenen Babys der Fall. Allgemein sind Antibiotika ein Segen für die Medizin und unsere Gesundheit, für das Mikrobiom sind sie das allerdings nicht unbedingt. Gemeinsam mit deinem Arzt sollte sichergestellt sein, dass deren Einnahme wirklich nötig ist, denn sie tun, was der Name schon sagt: Sie töten Bakterien ab und machen dabei keinen Unterschied zwischen nützlichen und schädlichen. Gerade bei der Gabe von Antibiotika kann die anschließende Einnahme geeigneter Probiotika deshalb sinnvoll sein.

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Quellen

*Bogaert et al. (2023)., Mother-to-infant microbiota transmission and infant microbiota development across multiple body sites, https://www.cell.com/cell-host-microbe/fulltext/S1931-3128(23)00043-4?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS1931312823000434%3Fshowall%3Dtrue.

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